Die Digitalisierung gewinnt im Besteuerungsverfahren wie in der gesamten Lebens- und Arbeitswelt an Bedeutung. Dies verändert auch die Kommunikation zwischen den am Steuerrechtsverhältnis beteiligten Akteuren sowie den Finanzgerichten. Dabei geht es nicht nur um Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern vor allem um die Rechtssicherheit der Übermittlung steuerlich relevanter Daten, Erklärungen und/oder Prozesshandlungen. Die Chancen und Herausforderungen der digitalen Kommunikation standen im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltung der vom Finanzgericht Münster in Kooperation mit der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe und dem Steuerberaterverband Westfalen-Lippe e.V. durchgeführten Reihe BRENNPUNKT.STEUERPRAXIS, die am 9. Februar 2022 erstmals als Livestream stattfand. Ca. 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Beraterschaft, Finanzverwaltung, Wissenschaft, Rechtsprechung und Unternehmenspraxis nutzten die Gelegenheit, sich über die aktuellen Entwicklungen zu informieren.

In seiner Begrüßung hob der Präsident des Finanzgerichts Münster Christian Wolsztynski hervor, dass die Digitalisierung innerhalb der nordrhein-westfälischen Justiz - vor allem bei den Finanzgerichten - bereits sehr weit fortgeschritten sei. Von dem digitalen Fortschritt, dem hohen technischen Ausstattungsniveau der Gerichte und den neuen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation würden nicht nur Justizangehörige, sondern vor allem die Verfahrensbeteiligten und damit in erster Linie die Steuerbürgerinnen und -bürger profitieren ("Digitalisierungsrendite“).

Herr Dr. Martin Coenen, Vizepräsident des Finanzgerichts Münster und Vorsitzender des dortigen 7. Senats, erläuterte in seinem anschließenden Vortrag die veränderten digitalen Prozesse auf Ebene der Finanzgerichte und stellte die elektronische Akte, Einzelfragen des elektronischen Rechtsverkehrs und die Videokonferenztechnik vor. Danach beschrieben Herr Julian Wilke und Frau Julia Fot, beide OFD NRW, in ihren Vorträgen, wie die Prozesse, insbesondere in Form der elektronischen Steuerakte und des digitalen Steuerbescheids, in die Strukturen der Finanzverwaltung implementiert und weiterentwickelt werden. Zu den Besonderheiten, die in der digitalen Kommunikation im "Beziehungsdreieck“ Mandant – Finanzverwaltung/Finanzgericht – steuerliche Beratung bestehen, referierte sodann Frau Rechtsanwältin Dr. Barbara Bischoff, Präsidialmitglied des Steuerberaterverbands Westfalen-Lippe. In der sich anschließenden Podiumsdiskussion erörterten der Präsident der Steuerberaterkammer, Herr Steuerberater Volker Kaiser, der Präsident des Steuerberaterverbands Westfalen-Lippe, Herr Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Marcus Tuschen und der Präsident des Finanzgerichts, Christian Wolsztynski, mit den Referenten die Erwartungen, die aus Sicht der Beraterschaft an die einerseits rechtssichere, andererseits aber auch praktikable Nutzung verschiedener digitaler Kommunikationstechniken gestellt werden.

Herr Kaiser zog folgendes Fazit der Veranstaltung: "Wie wir heute gesehen haben, bestimmt der elektronische Rechtsverkehr bereits aktuell den beruflichen Alltag und wird sich sicher weiter durchsetzen. Bei aller Freude und Bewunderung für die technischen Möglichkeiten, die wir seit Beginn der Corona-Pandemie immer mehr zu schätzen gelernt haben, ist und bleibt mir der persönliche Austausch in Präsenz wichtig – und ich glaube, damit auch vielen Berufskollegen aus dem Herzen zu sprechen! Schauen wir gemeinsam, dass - trotz begeisternder Technik - die Mitmenschlichkeit ihren Platz behält.“ Herr Tuschen betonte in seinem Schlusswort: "Alle Beteiligten wünschen sich eine einfache und medienbruchfreie Kommunikation, deshalb ist eine konstruktive Nutzung der technischen Möglichkeiten zur Vereinfachung und Beschleunigung vieler Prozesse sinnvoll. Dabei darf das gegenseitige Verständnis jedoch nicht in den Hintergrund treten, sondern sollte wie die Technik weiterentwickelt werden. Der persönliche Austausch ist und bleibt wichtig und wird hoffentlich nach der Pandemie wieder den Stellenwert erlangen, den er verdient.“