Werden einzelne Geschäftsbereiche einer Kapitalgesellschaft in ein Einzelunternehmen ausgelagert, stellt sich in steuerrechtlicher Hinsicht die Frage, ob die Kapitalbeteiligung Betriebsvermögen darstellt und wie sie ggf. zu bewerten ist. Diese und weitere bilanzsteuerrechtliche Fragen standen im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltung der Reihe BRENNPUNKT.STEUERPRAXIS, die am 2. März 2020 in der Aula des Münsteraner Schlosses stattfand. Die vom Finanzgericht Münster in Kooperation mit der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe und dem Steuerberaterverband Westfalen-Lippe e.V. sowie in Zusammenarbeit mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster durchgeführte Reihe war auch in diesem Jahr mit ca.190 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Beraterschaft, Finanzverwaltung, Wissenschaft, Rechtsprechung und Unternehmenspraxis sehr gut besucht.

In seiner Begrüßung betonte der Präsident des Finanzgerichts Münster Christian Wolsztynski zunächst den hohen Stellenwert eines permanenten fachlichen Austausches zwischen den diversen Akteuren der Steuerrechtspflege und damit auch die Bedeutung der Reihe BRENNPUNKT.STEUERPRAXIS. Darüber hinaus verwies er auf die Aktualität und Relevanz bilanzsteuerrechtlicher Fragen in der Steuerpraxis und betonte insofern die enorme Breitenwirkung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung.

Dr. Jens Reddig, Richter des X. Senats des Bundesfinanzhofs, erläuterte in seinem anschließenden Impulsvortrag zu vier Themenkreisen – Betriebsvermögenseigenschaft von Finanzbeteiligungen, Einlage wertgeminderter Darlehensforderungen, Behandlung unverzinslicher Verbindlichkeiten sowie Rückstellungen für Aufbewahrungspflichten – bilanzsteuerrechtliche Problemfelder anhand aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung.

An das Impulsreferat schloss sich eine Podiumsdiskussion an, die von Universitätsprofessor Dr. Marcel Krumm, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität und zugleich Richter im zweiten Hauptamt am Finanzgericht Münster, geleitet wurde und an der neben Herrn Dr. Reddig auch der Präsident des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.V. Marcus Tuschen sowie Falco Hänsch aus dem Bilanzsteuerreferat der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen beteiligt waren. Neben den Folgefragen, die mit den einzelnen Themenkomplexen einhergehen, standen vor allem auch die Abgrenzungsschwierigkeiten und -risiken sowie neuere gesetzgeberische Maßnahmen wie etwa § 17 Abs. 2a EStG n.F., durch den die jüngst vom BFH aufgegebene Rechtsprechung zu eigenkapitalersetzenden Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten nunmehr gesetzlich festgeschrieben werden sollte, im Mittelpunkt der Diskussion. Herr Krumm stellte vor allem themenübergreifend die Frage der Vorhersehbarkeit für den Steuerpflichtigen, sei es in Ansehung eines vermeintlichen Negativmerkmals des eigenbetrieblichen Interesses oder des die Betriebsvermögenseigenschaft begründenden Förderzusammenhangs. Hieran knüpfte auch Herr Tuschen an und hob hervor, dass mit einer nicht entdeckten Betriebsvermögenseigenschaft von GmbH-Anteilen erhebliche steuerliche Risiken verbunden seien. Dies gelte nicht nur für Betriebsaufspaltungsfälle, sondern auch für neben einer Beteiligung bestehende Einzelunternehmen eines GmbH-Gesellschafters. Aufgabe des Steuerberaters sei es, entsprechende Risikopotentiale zu erkennen und Fehlentscheidungen z.B. im Rahmen der Unternehmensnachfolge zu vermeiden.

In seinem anschließenden Schlusswort zog der Präsident der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe, Volker Kaiser, ein knappes, aber klares Fazit: „Das Beschreiten des Rechtsweges erscheint – auch angesichts der vorgestellten sehr differenzierenden Sichtweisen des X. und XI. Senats des BFH – je nach Sachverhalt durchaus lohnend. Wer zu seinem Recht kommen will, darf die Klage nicht scheuen.“