Hier finden alle, die bisher noch keine oder nur wenige Erfahrungen im Steuerprozess gemacht haben, erste Informationen über das finanzgerichtliche Verfahren in Frage und Antwort-Form. Alternativ erhalten Sie Informationen auch in Form von kurzen Videos im gerichtseigenen Youtube-Kanal „Rechtsschutz in Steuersachen" externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab.

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Wofür ist das Finanzgericht zuständig?

Kann das Finanzgericht die streitige Steuer heraufsetzen?

Kann ich gegen einen Steuerbescheid direkt Klage beim Finanzgericht erheben?

Welche Angaben muss eine Klage enthalten?

Wer hilft mir bei meiner Klage?

Wie läuft ein Verfahren beim Finanzgericht ab?

Muss ich eine Prozessbevollmächtigte oder einen Prozessbevollmächtigten haben?

Wer entscheidet beim Finanzgericht?

Endet das Verfahren stets mit einem Urteil?

Welche Anträge muss ich in der mündlichen Verhandlung stellen?

Erhalte ich vom Gericht schon vor einer Entscheidung Hinweise?

Kann ich Akteneinsicht bekommen?

Muss ich die Steuer zahlen, obwohl ich Klage erhoben habe?

Was kostet ein Prozess?

 

Wofür ist das Finanzgericht zuständig?

Das Finanzgericht gewährt Rechtsschutz in Steuer- und Kindergeldangelegenheiten sowie in Zollsachen. An das Finanzgericht können sich Bürgerinnen und Bürger wenden, die meinen, ihr Steuerbescheid sei falsch oder die Familienkasse verwehre ihnen zu Unrecht Kindergeld. Auch Unternehmen oder Unternehmer können sich vor dem Finanzgericht gegen Maßnahmen der Finanzbehörden zur Wehr setzen, die in Steuer- oder Zollverfahren ergehen. Das Finanzgericht entscheidet außerdem darüber, ob die streitige Steuer trotz eines laufenden Einspruchs- oder Klageverfahrens bezahlt bzw. von der Familienkasse zurückgefordertes Kindergeld erstattet werden muss. Die Bestrafung von Steuersündern gehört hingegen nicht zu den Aufgaben des Finanzgerichts.

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Kann das Finanzgericht die streitige Steuer heraufsetzen?

Eine „Verschlechterung“ kann sich durch das gerichtliche Verfahren im Ergebnis nicht ergeben, d.h. die streitige Steuer kann nicht erhöht werden. Auch eine weitergehende Versagung von Kindergeld ist ausgeschlossen (sog. Verböserungsverbot). Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass im Falle eines Erfolgs für das Streitjahr durch die Finanzbehörde steuerlich nachteilige Folgeänderungen in anderen Jahren gezogen werden.

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Kann ich gegen einen Steuerbescheid direkt Klage beim Finanzgericht erheben?

Hält der Steuerpflichtige seinen Steuerbescheid für fehlerhaft, muss er in der Regel vor der Klageerhebung beim Finanzgericht ein Einspruchsverfahren beim Finanzamt durchlaufen. Im Einspruchsverfahren überprüft das Finanzamt selbst die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides. Der Einspruch muss schriftlich innerhalb von einem Monat ab Bekanntgabe des Steuerbescheides beim Finanzamt eingehen. Sieht das Finanzamt den Einspruch als unbegründet an, erlässt es eine entsprechende Einspruchsentscheidung. Hiergegen kann dann innerhalb von einem Monat ab Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beim Finanzgericht Klage erhoben werden.

Entscheidet das Finanzamt über den vom Steuerpflichtigen erhobenen Einspruch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist, kann ausnahmsweise auch schon vor Abschluss des Einspruchsverfahrens Klage erhoben werden (Untätigkeitsklage).

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Welche Angaben muss eine Klage enthalten?

Die Klage muss die Klägerin bzw. den Kläger und den Beklagten (i.d.R das Finanzamt bzw. die Familienkasse, das bzw. die die Einspruchsentscheidung erlassen hat) bezeichnen. Es muss außerdem deutlich werden, gegen welchen Bescheid (z.B. Einkommensteuerbescheid 2018 vom 3. Juni 2019) sich die Klage richtet. Wichtig ist, dass die Klageschrift eigenhändig unterschrieben ist, und zwar entweder von der Klägerin bzw. dem Kläger selbst oder von dem Bevollmächtigten. Eine kurze Beschreibung, warum die Klägerin bzw. der Kläger den Bescheid für falsch hält, ist hilfreich. Allerdings kann die Klagebegründung auch später nachgeholt werden.

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Wer hilft mir bei meiner Klage?

Für allgemeine Informationen zur Klageerhebung hat das Finanzgericht Münster eine Rechtsantragstelle eingerichtet (Tel. Nr. 0251/3784-0). An diese können sich auch diejenigen wenden, die ihre Klage nicht schriftlich, sondern persönlich erheben wollen.

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Wie läuft ein Verfahren beim Finanzgericht ab?

Ist die Klage beim Gericht eingegangen, erhält die Klägerin bzw. der Kläger eine Eingangsbestätigung und wird gebeten, die Klage – sollte dies noch nicht geschehen sein – zu begründen. Liegt die Begründung vor, bittet das Gericht das Finanzamt oder die Familienkasse um Stellungnahme und Übersendung der Verwaltungsakten. Der weitere Gang des Verfahrens hängt vom Einzelfall ab. So kann das Gericht z.B. die Klägerin bzw. den Kläger oder den Beklagten um eine ergänzende Stellungnahme bitten. Es kann einen Erörterungstermin anberaumen, um den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten zu besprechen, es kann schriftliche Hinweise erteilen oder sogleich einen Termin für die mündliche Verhandlung bestimmen. Das Gericht ist grundsätzlich nicht an das gebunden, was die Beteiligten vortragen, sondern ermittelt alle erheblichen Fakten von Amts wegen. Natürlich hat jeder Beteiligte Gelegenheit, sich zu allen relevanten Punkten des Falles zu äußern und  die Gerichts- und Verwaltungsakten einzusehen.

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Muss ich eine Prozessbevollmächtigte oder einen Prozessbevollmächtigten haben?

Nein, vor dem Finanzgericht kann jeder seine Sache selbst vertreten. Man kann  aber auch eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt, eine Steuerberaterin/einen Steuerberater oder eine Wirtschaftsprüferin/einen Wirtschaftsprüfer mit der Wahrnehmung seiner Rechte beauftragen oder sich der Hilfe eines Beistandes (etwa eines Bekannten) bzw. eines Lohnsteuerhilfevereins bedienen. Erst im Falle eines Rechtsmittelverfahrens vor dem Bundesfinanzhof besteht die Verpflichtung, sich entsprechend professionell vertreten zu lassen.

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Wer entscheidet beim Finanzgericht?

Das Finanzgericht ist kein „verlängerter Arm“ der Finanzverwaltung, sondern ein unabhängiges Gericht. Seine Richter/-innen sind nur an das Gesetz gebunden. Das Finanzgericht ist in Senate gegliedert. Einem Senat gehören drei Berufsrichterinnen oder Berufsrichter und – in der mündlichen Verhandlung – außerdem zwei ehrenamtliche Richterinnen oder Richter an. In einfachen Fällen kann der Senat beschließen, dass eine Berufsrichterin oder ein Berufsrichter allein als Einzelrichterin oder Einzelrichter entscheidet.

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Endet das Verfahren stets mit einem Urteil?

Nein. Häufig werden sog. Erörterungstermine durchgeführt, in denen die zuständige Richterin bzw. der zuständige Richter mit den Beteiligten die tatsächlichen und rechtlichen Fragen bespricht. Oftmals endet das Verfahren in einem solchen Termin ohne eine richterliche Entscheidung, weil z.B. eine einvernehmliche Lösung erreicht werden kann oder weil die Behörde auf den Hinweis des Gerichtes einen geänderten Bescheid erlässt. Etwa 45 – 50 % der Klageverfahren sind für die Kläger ganz oder teilweise erfolgreich.

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Welche Anträge muss ich in der mündlichen Verhandlung stellen?

Welche Anträge gestellt werden müssen, hängt vom Einzelfall ab. Allerdings ist das Gericht verpflichtet, auf die Stellung sachgerechter Anträge hinzuwirken, d.h. die Beteiligten bei der Stellung der Anträge zu unterstützen.

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Erhalte ich vom Gericht schon vor einer Entscheidung Hinweise?

Häufig weist das Gericht im Rahmen eines Erörterungstermins oder schriftlich auf die aus seiner Sicht streiterheblichen Punkte hin. Es wird – soweit es dies für erforderlich hält – auch versuchen, den Sachverhalt aufzuklären bzw. fehlende Unterlagen anzufordern. Die Verfahrensbeteiligten haben zwar keinen Anspruch auf Durchführung eines Erörterungstermins, können die Durchführung eines solchen Termins aber anregen.

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Kann ich Akteneinsicht bekommen?

Die Verfahrensbeteiligten haben im finanzgerichtlichen Verfahren einen Anspruch auf Akteneinsicht. Dieser umfasst die finanzgerichtlichen Akten und die Akten des Finanzamtes bzw. der Familienkasse sowie vom Gericht beigezogene sonstige Akten. Die Akteneinsicht erfolgt beim Finanzgericht oder im Finanzamt bzw. in der Familienkasse. Es kann auch beantragt werden, die Akteneinsicht in einer für die Klägerin/den Kläger besser erreichbaren Behörde – z.B. einem nahegelegenen Amtsgericht – durchzuführen. Ein Anspruch auf Übersendung der Akten in die Büroräume des/der Prozessbevollmächtigten besteht dagegen nicht.

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Muss ich die Steuer zahlen, obwohl ich Klage erhoben habe?

Ja, grundsätzlich muss die festgesetzte Steuer gezahlt werden. Man kann aber beim Finanzamt beantragen, dass die Vollziehung des Bescheides ausgesetzt wird. Hat der Antrag Erfolg, muss zunächst nicht gezahlt werden. Hat der Antrag keinen Erfolg, kann beim Finanzgericht ein Aussetzungsantrag gestellt werden. Das Aussetzungsverfahren ist ein sog. Eilverfahren, in dem aufgrund einer summarischen Prüfung eine vorläufige Regelung getroffen wird. Sollte die Klägerin bzw. der Kläger mit ihrer/seiner Klage nicht oder nicht in vollem Umfang erfolgreich sein, wird der ausgesetzte und schließlich zu zahlende Betrag mit 6 % pro Jahr verzinst. Einzelheiten zum Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab.

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Was kostet ein Prozess?

Die Höhe der Gerichtsgebühren hängt von der Höhe des Streitwertes und dem Verlauf des Verfahrens ab.

Nach Einreichung der Klage muss grundsätzlich jede Klägerin bzw. jeder Kläger zunächst einen „Gebührenvorschuss“ bezahlen. Dieser wird für Klagen, die ab dem 16.7.2014 eingehen, nach dem tatsächlichen Streitwert bemessen, wenn dieser sich unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt. Der Streitwert ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der vom Finanzamt festgesetzten und der von der Klägerin oder dem Kläger für zutreffend gehaltenen Steuer. Er beträgt allerdings mindestens 1.500 EUR, außer bei Streitigkeiten über Kindergeld. Wenn der Streitwert aus der Klage nicht erkennbar ist, ist nach dem Mindesstreitwert eine vorläufige Gebühr in Höhe von 284 EUR zu entrichten. In Kindergeldsachen ist, wenn der Streitwert nicht erkennbar ist, keine vorläufige Gebühr zu entrichten.

Klägerinnen und Kläger, die nicht in der Lage sind, die Kosten des Verfahrens zu tragen, können Prozesskostenhilfe beantragen. Wird der Prozesskostenhilfeantrag mit der Klage gestellt, muss auch die vorläufige Gebühr zunächst nicht gezahlt werden. Hier finden Sie Näheres zum Prozesskostenhilfe-Verfahren externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab – und auch zur Höhe des selbst einzusetzenden Einkommens und Vermögens.

Gewinnen die Klägerin oder der Kläger den Prozess, so hat in der Regel die Behörde die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ausnahmsweise kann aber auch der „Gewinner“ des Verfahrens zur Kostentragung verpflichtet werden, z.B. wenn der Klageerfolg darauf beruht, dass die entscheidenden Unterlagen oder Beweismittel erstmals im Klageverfahren vorgelegt wurden, der Prozess somit hätte vermieden werden können. Erledigt sich ein Verfahren, weil es zu einer einvernehmlichen Lösung kommt oder die Klage – bevor eine Entscheidung ergeht – zurückgenommen wird, reduzieren sich die Gerichtsgebühren in der Regel um die Hälfte. Nach Abschluss des Verfahrens werden die endgültigen Gerichtskosten ermittelt, festgesetzt und mit dem „Gebührenvorschuss“ verrechnet.

Weitere Einzelheiten finden Sie unter Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab. Zur Bestimmung der Höhe des Streitwerts finden sich nützliche Hinweise im Streitwertkatalog der Finanzgerichtsbarkeit.

Gerichtskostentabelle externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab

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