Das Finanzgericht Münster blickt auf ein in vielerlei Hinsicht erfolgreiches Jahr 2019 zurück.

Rechtsprechung
Als eines von drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichten gewährt das Finanzgericht Münster Rechtsschutz in Steuersachen und Kindergeldangelegenheiten, d.h. es ist zuständig für Klagen gegen Maßnahmen der Finanzämter und Familienkassen. Im Jahr 2019 verzeichnete das Gericht 4.033 neu eingehende Klageverfahren. Das entspricht in etwa dem Niveau der Jahre 2016 bis 2018. Die durchschnittliche Laufzeit der Klageverfahren lag bei 14,6 Monaten, wobei die Hälfte der Verfahren bereits innerhalb eines Jahres abgeschlossen wurde.

Die „Erfolgsquote“ für den Steuerpflichtigen lag im Jahr 2019 insgesamt bei etwa 50 %. Rund 80 % der Verfahren wurden unstreitig - also durch eine vollständige oder teilweise Abhilfe seitens des Finanzamts oder durch Klagerücknahme - erledigt. Einen wesentlichen Anteil an dieser Quote hatten die Erörterungstermine, die von den Richterinnen und Richtern in einer Vielzahl der Verfahren anberaumt wurden. Der Erörterungstermin gibt dem / der Berichterstatter/in die Möglichkeit, mit den Beteiligten „am runden Tisch“ den Sachverhalt umfassend aufzuklären, tatsächliche und rechtliche Fragen zu erörtern sowie gemeinsam Lösungsansätze für eine einvernehmliche Streitbeilegung bzw. effektive Verfahrensförderung zu entwickeln. Solche Erörterungstermine haben beim Finanzgericht Münster eine lange Tradition; sie werden in Absprache mit den Beteiligten häufig „vor Ort“, etwa im jeweiligen Finanzamt, durchgeführt. Dies bietet angesichts der Größe des Gerichtsbezirks, der die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold sowie Münster und damit 49 Finanzämter umfasst, allen Verfahrensbeteiligten den Vorteil eines „kurzen Weges“.

In gut 20 % der Verfahren wurde im Jahr 2019 Rechtsschutz in Form von teils wegweisenden Urteilen gewährt. In 90 % der Verfahren entschied das FG Münster dabei als abschließende Instanz. Aber auch dann, wenn die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen wird, entfaltet die Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster aufgrund der Bedeutung und Breitenwirkung des Steuerrechts sehr häufig Wirkung über den entschiedenen Einzelfall und den Gerichtsbezirk hinaus und sorgt so einerseits für Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten, trägt andererseits aber auch zur Rechtsentwicklung bei. Einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung des Gerichts bietet der monatlich erscheinende Newsletter.

Elektronischer Rechtsverkehr
Zu den größten Herausforderungen, denen sich die Justiz aktuell stellen muss, gehört die Digitalisierung. In der nordrhein-westfälischen Finanzgerichtsbarkeit konnte der Wechsel von der Papierakte zur führenden elektronischen Gerichtsakte im abgelaufenen Jahr erfolgreich abgeschlossen werden. Seit Ende Oktober 2019 arbeiten alle Senate der Finanzgerichte Münster, Düsseldorf und Köln digital. Zudem wurden sämtliche Voraussetzungen für den papierlosen elektronischen Rechtsverkehr geschaffen (vgl. hierzu PM Nr. 17 und Nr. 19). Die Früchte einer mehrere Jahre andauernden Pilotierung in der Finanzgerichtsbarkeit - etwa in Form eines hohen Ausstattungsniveaus - kommen nun sowohl den Gerichtsangehörigen als auch den Beteiligten zugute.

Qualitätssicherung und Selbstreflektion
Nicht nur in technischer Hinsicht verändert sich die Arbeitswelt der Justiz und damit auch der Finanzgerichte. Zeitgemäßer (Steuer-)Rechtsschutz unterliegt einem ständigen Wandel. Die Erwartungen der Verfahrensbeteiligten an eine transparente und bürgernahe Justiz sind in den letzten Jahren – berechtigterweise – gestiegen. Dies ist Grund genug, die eigene richterliche Arbeitsweise zu reflektieren. Im Jahr 2019 hat sich ein Großteil der Richterschaft des Finanzgerichts Münster im Rahmen eines dreitägigen Workshops damit befasst, wie eine an den Bedürfnissen der Beteiligten orientierte, möglichst kommunikative, fürsorgliche und transparente Verfahrensführung konkret umgesetzt werden kann.

Öffentlichkeitsarbeit
Entscheidende Bedeutung für eine transparente Arbeitsweise der Justiz hat auch die Außendarstellung eines Gerichts. Das Finanzgericht Münster war im Jahr 2019 mit unterschiedlichen Projekten „im Einsatz“, um die Bedeutung und die Arbeit der Finanzgerichte zu erläutern und nach wie vor bestehende Schwellenängste vor dem „Gang zum Gericht“ abzubauen. Neben einer „medialen Grundversorgung“ in Form einer Homepage, von Entscheidungsveröffentlichungen und dem monatlichen Newsletter setzt das Gericht dabei seit dem letzten Jahr verstärkt auch auf neue Medien. Im März 2019 feierte der „PodcaSTeuerrecht“ Premiere, der gerichtliche Entscheidungen in einer Audiodatei erklärt. Für das laufende Jahr 2020 ist zudem eine YouTube-Präsenz geplant, mit der die Aufgaben der Finanzgerichte und der Prozessablauf in Form von kurzen Videosequenzen vermittelt werden sollen.

Breiten Anklang fanden auch im Jahr 2019 wieder die seit vielen Jahren durchgeführten Seminarveranstaltungen des Finanzgerichts Münster zum Ablauf des finanzgerichtlichen Verfahrens („FG-Live“), die sich sowohl an Berufsträger wie Steuerberater/innen und Rechtsanwälte/innen als auch an Vertreter der Finanzverwaltung und andere interessierte Gruppen richten.

Seit dem Jahr 2019 beteiligt sich das Finanzgericht Münster erstmals auch aktiv am Projekt „Rechtskunde“ der nordrhein-westfälischen Justiz. Im Rahmen einer neuen Kooperation mit dem Münsteraner Hansa Berufskolleg wird in regelmäßigen Abständen ein „Steuerrechtskundeprojekt“ angeboten, in dessen Rahmen Berufsschülerinnen und -schülern die Grundzüge des Rechtsstaats, Stellung und Aufgaben der (Finanz-)Gerichte und die Funktion von Steuern nahegebracht werden. Bei einer der Auftaktveranstaltungen im Dezember 2019 erhielt das Projekt prominente Unterstützung durch Herrn Minister der Justiz Peter Biesenbach MdL, der der Doppelstunde „Steuerrechtskunde“ beiwohnte und sich zudem einer intensiven Fragerunde zum Thema „Justiz und Social Media“ stellte (vgl. PM Nr. 22).

Ein weiteres Highlight der Pressearbeit war der Besuch des ARD-Rechtsexperten Frank Bräutigam im Oktober 2019 beim Finanzgericht Münster. Dabei bot sich für Vertreter aller drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichte die Gelegenheit, sich mit dem Medienfachmann über die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit der Justiz auszutauschen (vgl. PM Nr. 16).

Fazit
Der Präsident des Finanzgerichts Münster Christian Wolsztynski zieht ein positives Fazit des vergangenen Jahres: „Wir gehören mit unserer auf Kommunikation und Transparenz ausgerichteten Art der Rechtsschutzgewährung, der digital geprägten Arbeitsweise und unserer fortschrittlichen Öffentlichkeitsarbeit zu den modernsten Gerichten bundesweit. Im richterlichen Dienst und auch im Unterstützungsbereich kann ich mich auf den großen Arbeitseinsatz und die Teamfähigkeit aller Kolleginnen und Kollegen verlassen. Ich freue mich darauf, die gute Arbeit des letzten Jahres im gerade begonnenen Jahr 2020 fortzusetzen.“